Diät-Trends Teil 4: Am 29. Juli ist Earth-Overshoot-Day - ein Grund für die Planet Friendly Diät? Oder doch mal die Sheperd’s und Mediterrane Diät ausprobieren?

Zum Abschluss unserer 4-teiligen Diätserie geht es heute um die etwas skurrile Sheperd’s Diät und die mediterrane Diät. Außerdem stellen wir euch die Planet Friendly Diät genauer vor. Mit kleinen Ernährungsumstellungen kann jeder etwas für den Planeten tun, sozusagen ein "Every-day-for-Future"-Ansatz. Wie dringend das nötig ist, zeigt nicht nur die berühmte "Fridays-for-Future-Bewegung, sondern auch der Earth-Overshoot-Day. 2019 fällt dieser auf den 29. Juli ─ so früh wie noch nie in der Geschichte der Menschheit. Nach diesem Tag leben wir nur noch vom Raubbau an unserem Planeten.

Angesichts der vielen und zum Teil sehr unterschiedlichen Diät-Trends wollen wir euch auch Orientierung bieten: Am Ende des Beitrags findet ihr einfache und überschaubare Regeln für eine gesunde und ausgewogene Ernährung! Psst Spoiler: planetenfreundlich oder mediterran zu essen ist auf alle Fälle empfehlenswert.

Pasta gehört zur mediterranen Ernährung

Historisch zweifelhaft: In der Shepherds Diät soll Fladenbrot keine Rolle gespielt haben.

Kurioser Diät-Trend: Die Sheperd’s Diet

Die Sheperd’s Diet, zu Deutsch Hirten Diät, ist ein Trend aus den USA, der bei uns noch nicht wirklich Fuß gefasst hat. Das ‘Bibel-inspirierte’ Diät-Programm landete 2018 auf Platz Zehn der häufigsten Google-Suchanfragen in der Kategorie Diät. Kurz gefasst kann die Sheperd’s Diet als Kombiation aus Low-Carb-Diät und Mediterraner Ernährung beschrieben werden. Dabei orientiert sich der Diätplan der Erfinderin Kristina Wilds zufolge an dem, was Zeitgenossen von Jesus aßen - vermutlich aßen - muss genauer gesagt werden, denn hierzu gibt es so gut wie keine wissenschaftlichen Belege. Die Orientierung an der Mediterranen Ernährung ist rein geografisch noch nachvollziehbar. Wilds These, dass Jesus & Co. sich kohlenhydratreduziert ernährten, ist jedoch fragwürdig. Denn dass insbesondere Hirten vor rund 2000 Jahren, die lange Zeit mit ihren Schaf- und Ziegenherden verbrachten, häufig auf haltbare, gut transportierbare Fladenbrote zurückgriffen, ist naheliegend. Wie wichtig Brot zudem in der christlichen-jüdischen Kulturgeschichte ist, zeigen das christliche Glaubensbekenntnis: „…unser tägliches Brot gib uns heute“ und der Verzehr von Matze (ungesäuertem Brot) zum Pessach-Fest - um nur zwei Beispiele zu nennen.

Mehr Achtsamkeit beim Essen grundsätzlich empfehlenswert

Auf die negativen Aspekte einer stark kohlenhydratreduzierten Ernährung sind wir bereits im ersten Teil dieser Serie eingegangen. Die Mediterrane Diät ─ besser Ernährungsweise ─ stellen wir Euch weiter unten ausführlich vor. Ist die Sheperd’s Diet also ein Trend, den man getrost ignorieren kann? Jein, denn es gibt durchaus Aspekte, die wir positiv finden: Wilds betont, dass es wichtig ist, mit seinem Körper zu arbeiten und nicht gegen ihn. So empfiehlt sie beispielsweise nach dem Essen einer normalen Portion zunächst 20 Minuten zu warten, um festzustellen, ob das Sättigungsgefühl eintritt. Diese einfache Übung schult darin, die Signale des Körpers wieder besser wahrzunehmen. Zudem rät Wilds dazu, dem Stress im Alltag mit regelmäßigem Beten entgegen zu wirken, da dieser negative Auswirkungen auf die Gesundheit hat und häufig zum kompensatorischen (Über-)Essen führt. Ob man christlichen Glaubens ist oder nicht: Dass Formen von Achtsamkeitsübungen und Affirmationen bei der Umstellung der Ernährungs- oder Lebensweise hilfreich sind, nicht in alte Muster zu verfallen und aufzugeben, ist nachvollziehbar. Sie lassen sich aber bei jeder beliebigen Diät anwenden.

Mit Ernährung die Welt retten: Die Planet Friendly Diet

Noch stärker als die Sheperd’s Diet, die neben der Gesundheit auch religiöse Aspekte berücksichtigt, hebt sich die Planet Friendly oder Planetary Health Diet von den bisher vorgestellten Diät-Trends ab. Denn sie stellt nicht nur die Frage nach der Gesundheit des Einzelnen, sondern nimmt auch die Gesundheit der Weltbevölkerung und die Frage nach den ökologischen Auswirkungen unserer Ernährungsgewohnheiten mit in den Blick. Die Diät, bei der es sicher eher um Ernährungsempfehlungen handelt, basiert auf einem Bericht der Eat-Lancet-Kommission, der zu Beginn des Jahres veröffentlicht wurde. Die zentrale Frage, die sich die 37 ExpertInnen gestellt haben, lautet: Wie können bis 2050 zehn Milliarden Menschen so ernährt werden, dass ihre Gesundheit sichergestellt ist und die Ressourcen des Planeten nicht überschritten werden?

Lebensmittel für 10 Milliarden bereits vorhanden, Lebensmittelverschwendung zu hoch

Fakt ist, rund drei Milliarden Menschen sind fehlernährt: 820 Millionen Menschen haben nicht genug zu Essen, 2,1 Milliarden sind hingegen übergewichtig. Zwar produzieren wir bereits heute Lebensmittel für 10 Milliarden Menschen, wir verlieren aber durch Lebensmittelverschwendung derzeit 30 bis 40 Prozent der vorhandenen Lebensmittel, wie der WWF 2015 in seiner Studie „Das große Wegschmeißen“ vorrechnet. Hat das Wegschmeißen in ärmeren Ländern eher mit logistischen Herausforderungen und richtigen Lagerbedingungen zu tun, verlieren wir im Westen viele Lebensmittel, weil sie nicht unserem „Standard“ oder „Schönheitsideal“ entsprechen. Und weil wir am Ende der Kette, also bei uns zu Hause, in der Gemeinschaftsverpflegung und Gastronomie etwa zu viel produzieren, verderben lassen und schlussendlich entsorgen.

Eine planetenfreundliche Ernährung bedeutet unseren Fleischkonsum auf ein Viertel zu reduzieren

Je nach Region, rät die Kommission zu einer veränderten Ernährungsweise, die sowohl die individuelle Gesundheit als auch globale Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt. Für Deutschland und westliche Industrienationen im Allgemeinen empfiehlt die Kommission eine starke Reduktion an tierischen Lebensmitteln, insbesondere Fleisch. Denn entgegen der Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) verzehren die Deutschen durchschnittlich etwa 60 Kilogramm Wurst und Fleisch im Jahr.  Das sind 1,15 Kilogramm pro Woche ─ empfohlen werden jedoch aus gesundheitlichen Gründen 300 bis 600 Gramm in der Woche, also maximal 15 bis 30 Kilogramm im Jahr. Unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten empfiehlt die Eat-Lancet-Kommission sogar nur 300 Gramm pro Woche, also maximal 15 Kilogramm jährlich.

Planetenfreundlich essen heißt flexitarisch leben

Die Fleischreduktion ist notwendig, weil die Herstellung vom Proteinlieferanten Fleisch im Vergleich zum Anbau von proteinreichen Pflanzen wie Bohnen besonders ressourcenintensiv ist. Somit steht die Planet Friendly Diet in starkem Kontrast zur fleischbetonten Ketogenen, Karnivoren beziehungsweise Paleo Diät. Die Eat-Lancet-Kommission beschreibt die Planetary Health Diet als ‘flexitarische’ Diät, die überwiegend auf pflanzlichen Nahrungsmittel basiert, optional aber auch geringe Mengen an Fisch, Fleisch und Milchprodukten enthalten kann. Weitere Ernährungsempfehlungen sind unter anderem die Reduktion gesättigter Fettsäuren (hauptsächlich aus Fleisch und Wurst) zugunsten ungesättigter Fettsäuren (etwa aus pflanzlichen Ölen und Fisch) und die erhöhte Aufnahme an Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen über den hohen Anteil an pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Getreide. Somit entspricht die Planetary Health Diet weitgehend den allgemeinen Ernährungsempfehlungen der DGE und kann somit sehr gut empfohlen werden.

Ebenfalls zu empfehlen: Die Mediterrane Diät

Bei der Mediterranen oder auch Mittelmeer-Diät handelt es sich mehr um eine Ernährungsform als um eine Diät. ErnährungsmedizinerInnen zufolge handelt es sich um eine der gesündesten Ernährungsweisen: Sie soll Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen, das Risiko für Alzheimer senken und die Lebenserwartung erhöhen. Wer jetzt an Pizza und Pasta denkt, liegt zwar nicht vollkommen daneben, trifft aber auch nicht den Kern dieser Ernährungsweise. Denn die Mediterrane Diät orientiert sich an den traditionellen, einfachen Küchen des Mittelmeerraumes. Diese sind vor allem vielseitig und ausgewogen und können als ‘ballaststoffreiche Mischkost’ beschrieben werden. Der Schwerpunkt liegt vor allem auf Gemüse, Salat, Obst, Olivenöl und Fisch. Aber auch Getreide, Hülsenfrüchte und Nüsse spielen eine wichtige Rolle. Fleisch und Milchprodukte sollten dagegen nur in geringem Maß verzehrt werden. In der typisch mediterranen Küchen werden gering verarbeitete frische Lebensmittel zu schmackhaften und abwechslungsreichen Speisen zubereitet.

Nicht nur das Was auch das Wie ist wichtig für eine gesunde Ernährung

Wichtig ist auch die Art und Weise des Essens: Möglichst in geselliger Runde, langsam und genussvoll. Kalorienzählen sieht die Mediterrane Diät nicht vor. Wer mit ihr abnehmen möchte, sollte deshalb die Verzehrmengen und Kalorien im Blick behalten. Kleine Portionen Pizza oder Pasta mit viel Gemüse passen besser in den Ernährungsplan als wurstreiche Beläge oder Fleischsaucen. Was die Mittelmeer-Ernährung so gesund macht, ist vor allem ihre Vielseitigkeit, wodurch die Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen sichergestellt wird. Hierzu trägt insbesondere der hohe Gemüseanteil bei, der viele Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe liefert. Aber auch die Aufnahme wichtiger, überwiegend ungesättigter Fettsäuren mit günstigem Omega-3- zu Omega-6-Verhältnis (Olivenöl und Fisch) kommt hier zum Tragen. In der Mediterranen Ernährung wird keinem Makronährstoff die rote Karte gegeben, sowohl Fett als auch Kohlenhydrate und Eiweiß werden ausreichend und in einem guten Verhältnis verzehrt.

Diät-Trends vs. gesunde Ernährung: Unser Fazit

Ketogen, karnivor und paleo, Gundry-, FODMAP- und Dubrow-Diät, das Trend-Thema Fasten, Sheperd’s und Planet Friendly Diet sowie die Mediterrane Diät - was ist nun dran an den aktuellen Diät- und Ernährungs-Trends? Allgemein sind Diäten mit großer Vorsicht zu genießen, insbesondere wenn zum extremen Verzicht auf Kalorien (Crash-Diäten) oder ganze Nahrungsmittelgruppen geraten wird. Denn dauerhaft sind diese Empfehlungen nur sehr schwer umzusetzen, was nicht selten zum altbekannten Jojo-Effekt führt. Gerade bei der starken Eingrenzung der Nahrungsmittelauswahl, wie sie bei den verschiedenen Formen der Low-Carb-Diät vorliegt (ketogen, karnivor, paleo), besteht langfristig die Gefahr eines Mangels an wichtigen Nährstoffen (Vitamine, Mineralien, Ballaststoffe). Nicht zu empfehlen sind auch die Gundry- und FODMAP-Diät. Gerade bei letzterer handelt es sich eigentlich nicht um eine Diät, sondern um eine zeitlich begrenzte Eliminationskost, mit der Ernährungsfachkräfte ihre PatientInnen auf etwaige Unverträglichkeiten testen.

Glutenfreie Diäten: Gesund oder ungesund?

Es ist richtig, dass bestimmte Stoffe in Lebensmitteln bei manchen Menschen zu Unverträglichkeiten führen, wie es beispielsweise bei einer Zöliakie oder Weizenallergie der Fall ist. Dies trifft aber nur auf einen sehr geringen Anteil der Menschen hierzulande zu! Für Gesunde hingegen ist der unbegründete Verzicht auf Gluten nicht zu empfehlen. Bei Verdacht auf Unverträglichkeiten oder dem Reizdarm-Syndrom gilt es immer, ExpertInnen hinzuzuziehen - selbstinduzierte ‘Therapien’ können eine echte Unverträglichkeit im schlimmsten Fall verschleiern und die medizinische Diagnose erschweren.

Welcher Ernährungstrend macht das Rennen?

Ist denn nun kein Trend empfehlenswert? Doch, durchaus! Guten Gewissens empfohlen werden kann die Mediterrane Diät oder besser: Ernährungsweise. Denn nachhaltiger ist es immer, die Ernährung langfristig umzustellen und zwar so, dass sie auch im Alltag umsetzbar ist. Dafür ist es wichtig, nicht nur die Kalorienmenge und gesundheitliche Aspekte im Blick zu behalten, sondern auch für Abwechslung und Genuss zu sorgen. Und hier können die Empfehlungen der mediterranen Ernährungsweise punkten. Wie wir im dritten Teil der Serie beschrieben haben, kann intermittierendes oder Kurzzeit-Fasten durchaus eine sinnvolle Ergänzung oder guter Einstieg in eine Ernährungsumstellung sein - aber auch hier gilt es, zunächst ExpertInnen hinzuziehen. Auch wenn die Sheperd’s Diet mit ihrem Bezug zur Bibel skurril anmutet, die Berücksichtigung des Faktors Stress in der Ernährung ist durchaus sinnvoll und Achtsamkeitsübungen und positive Affirmationen können bei einer Umstellung der Ernährungs- oder Lebensweise sicherlich unterstützend wirken. Neben der eigenen Gesundheit auch das Thema Nachhaltigkeit in der Ernährung zu berücksichtigen, wie es die Planet Friendly Diet empfiehlt, ist ebenfalls ein positiver Impuls, zumal sich ihre Ernährungsempfehlungen weitgehend mit der Mediterranen Ernährungsweise und den DGE-Empfehlungen für eine gesunde Ernährung decken.

Gesunde Ernährung mit Getreide - ist das noch zeitgemäß?

Die Mehrheit der hier genannten Diät-Trends setzt auf einen vollständigen oder teilweisen Verzicht von Kohlenhydraten beziehungsweise Getreide oder Gluten. Der Eindruck entsteht, eine moderne, gesunde Ernährung und Getreide wären nicht vereinbar. Ist es wirklich so einfach? Neuere Forschungen zeigen, dass es die eine richtige Ernährung für alle nicht gibt. Vielmehr hat jeder Mensch seine spezifischen Bedürfnisse. Forscher vermuten einen Zusammenhang mit der genetischen Grundausstattung der individuellen Person. Einen allgemeinen Rahmen bilden folgende Regeln: 

  • Möglichst vielseitig und abwechslungsreich essen.
  • Regionale und saisonale Ware bevorzugen und möglichst frisch zubereiten.
  • Obst und Gemüse sollen täglich und möglichst frisch auf den Speiseplan stehen. Insgesamt sollen es fünf Portionen am Tag sein.
  • Für die täglich benötigte Energie sollten hochwertige, möglichst ballaststoffreiche Kohlenhydratlieferanten bevorzugt werden. Hierzu gehören Getreide, Hülsenfrüchte und Kartoffeln.

Letztere sind sie erstklassige Vitamin- und Mineralstofflieferanten und machen satt. Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte enthalten besonders viele der gesundheitsförderlichen Ballaststoffe, von denen die Deutsche Gesellschaft für Ernährung täglich 30 Gramm empfiehlt – gerade auch zur Vorbeugung einer Reihe weit verbreiteter Zivilisationskrankheiten. Die typischen Brotgetreidearten wie Weizen, Dinkel und Roggen liefern zudem hochwertiges pflanzliches Eiweiß und ihr Fett besteht größtenteils aus wertvollen einfach- und mehrfachungesättigten Fettsäuren. Auch was die Mikronährstoffe und Spurenelemente angeht, haben sie einiges vorzuweisen: Sie sind vor allem eine ausgezeichnete Quelle für B-Vitamine. Diese sind bedeutsam für das Nervensystem, beteiligt an Zellteilung und Gewebeaufbau, wichtig für den Stoffwechsel (Energiehaushalt, Eiweiß-, Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel) und fungieren als Co-Enzyme. Aber auch Calcium, Magnesium, Kalium und Phosphor sowie Eisen, Zink und Mangan sind wichtige Mineralstoffe im Getreide. Das Getreide nicht nur Teil einer ausgewogenen Ernährung ist, sondern auch beim Abnehmen helfen kann, zeigt übrigens die Brot-Diät!

Anne und Henriette von Mein Mehl

Weiterführende Links und Quellen
https://trends.google.com/trends/yis/2018/US/
https://eatforum.org/eat-lancet-commission/
https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/
https://www.mein-mehl.de/ernaehrung/gesunde-ernaehrung-mit-getreide/
https://www.mein-mehl.de/ernaehrung/was-steckt-im-korn/
https://www.mein-mehl.de/ernaehrung/brot-diaet/