Zum Monat des Mehls: Alles, was Ihr über Mehl wissen müsst!

In den USA wird im März der ‘National Flour Month’, der ‘Monat des Mehls’ ausgerufen. Auch wir wollen den März zum Anlass nehmen, uns mit diesem einzigartigen Produkt zu befassen: Wie wird es hergestellt? Was sind die Typen und wieso gibt es so viele unterschiedliche Mehltypen in Deutschland? Wie sieht es in anderen Ländern aus? Wie kam der Mensch eigentlich darauf, Getreide zu vermahlen? Das alles und noch viel mehr verraten wir Euch in diesem Beitrag!

Ohne Müllerei kein Mehl!

Mehl? Das ist doch einfach gemahlenes Getreide?! Das ist grundsätzlich richtig, aber ‘einfach’ ist diese Angelegenheit bei Weitem nicht! Warum hätte sich sonst ein ganzer Berufsstand um die Verarbeitung von Getreide gebildet? 
Den Beruf des Müllers, der früher gleichzeitig auch Bäcker war, kann die Wissenschaft erstmals im 2. Jahrhundert vor Christus in Rom nachweisen. Auch in der antiken Ruinenstadt Pompeji findet man eine römische Bäckerei mit Kornmühle und Backofen. Die Müllerei zählt so zu den ältesten Kulturtechniken des Menschen.
Aber kommen wir zurück zur Gegenwart: Was genau passiert nach der Getreideernte? Während sich das grundlegende Prinzip der Vermahlung, bestehend aus Zerkleinern und Trennen, nicht verändert hat, haben sich die Mühlenbetriebe zu modernen Lebensmittelunternehmen entwickelt. Im Fokus stehen dabei vor allem die Sicherheit und Qualität der Produkte. 

Naturprodukt Mehl: Vom Acker in die Tüte

Der Weg vom Korn zum Mehl beginnt mit der Getreideannahme in der Mühle. Dabei wird das Getreide gewogen und die Qualität überprüft. Die anschließende Grobreinigung trennt größere Bestandteile wie Stroh vom Getreide. Danach kann das Getreide in Getreidesilos zwischengelagert werden. In einer anschließenden zweiten Reinigung werden mit Hilfe von verschiedenen Reinigungsmaschinen alle Bestandteile, die nicht zum einwandfreien Mahlgetreide gehören, aussortiert. Beim Mahlen werden die Getreidekörner zwischen zwei Stahlwalzen schonend aufgebrochen und dann zerkleinert. Anschließend werden die unterschiedlich großen Getreideteile mit Hilfe von gestapelten Sieben mit immer kleinerer Maschenweite voneinander getrennt. Die Maschine dazu nennt sich Plansichter und sieht aus wie ein Schrank auf Stelzen. Die Abfolge von Mahlen und Sieben nennt man Passage. Es entstehen dabei die verschiedenen Mühlenprodukte Schrot, Grieß, Dunst und Mehl. Das Getreide wird solange vermahlen, bis sich der Mehlkörper vollständig von der Schale, die als Kleie übrig bleibt, gelöst hat. Die Mehle werden anschließend, nach Qualitäten sortiert, in Mehlsilos gelagert. Der größte Teil des Mehls wird lose in Silofahrzeugen zu den Kunden transportiert. Verpackt wird Mehl in 1-Kilo-Kleinpackungen für den Einzelhandel oder in Säcken bis 25 Kilogramm und BigBags, die bis zu einer Tonne fassen können.

Vielfältige und zahlenstarke Mühlenerzeugnisse

Heute versorgt die Durchschnittsmühle täglich 400.000 Menschen mit Mahlerzeugnissen. Die circa 550 Mühlenunternehmen in Deutschland produzieren pro Jahr 7,2 Millionen Tonnen Mahlerzeugnisse aus Weizen, Hartweizen und Roggen sowie 1,4 Millionen Tonnen Mühlennachprodukte wie Kleie für die Futtermittelwirtschaft. Über 300 Brotsorten und 1.200 Sorten Klein- und Feingebäck, Suppen, Pizza, Pasta, Soßen, Burger und Schokoriegel werden heute aus Mehl und Mahlerzeugnissen hergestellt. Die VerfahrenstechnologInnen Mühlen- und Getreidewirtschaft – Fachrichtung Müllerei, wie Müllerinnen und Müller heute genannt werden, stellen mit ihrem müllerischen Wissen die Mehlqualitäten für ganz viele unterschiedliche Endprodukte zusammen.

Mehl-Vielfalt: Weizenmehl Type 550, Roggen-Vollkornmehl und Musmehl

Die Vielfalt an Mehl ist groß! Das liegt zum einen an den unterschiedlichen Getreidesorten, aus denen das Mehl gemahlen wird, zum anderen an den sogenannten Mehltypen. Die Mehltypenzahl steht auf fast jeder Mehltüte und gibt an, wie viel Mineralstoffe im Mehl stecken. Beim Mahlen werden alle Bestandteile des Korns (Mehlkörper, Randschichten und Keimling) in mehreren Durchgängen mehlfein zerkleinert. Mehle mit einer niedrigen Typenzahl enthalten mehr Stärkeanteile und lösliche Ballaststoffe aus dem Mehlkörper. Je höher die Typenzahl, desto mehr mineralstoffreiche Schalenanteile sind enthalten. Besonders bei Weizenmehl spiegelt sich das auch im Aussehen wieder: Mehl der Type 1050 ist bräunlicher als ein Mehl der Type 405, das nahezu weiß ist. In Vollkornprodukten sind alle Bestandteile des gemahlenen Korns enthalten. Daher tragen sie auch keine Typenbezeichnung.

Neben Vollkornprodukten sind folgende gängige Mehltypen im Lebensmitteleinzelhandel zu finden:

  • Weizenmehl: Type 405, 550, 1050
  • Roggenmehl: Type 997, 1150 und 1800 (Backschrot)
  • Dinkelmehl: Type 630 und 1050

Die Palette an Mehlen ist noch viel breiter, zu finden sind die Produkte jedoch meist nur in Spezialgeschäften, Mühlenläden und manchmal nur beim Bäcker. Daneben gibt es regionale Besonderheiten, wie beispielsweise das Musmehl aus dem süddeutschen Raum. Musmehl wird aus Dinkel, Weizen oder einer Mischung aus beiden, sowie gelegentlich auch aus Hafer hergestellt. Unsere skandinavischen Nachbarn kennen Musmehl auch aus Emmer. Das Besondere am Musmehl: Die gereinigten Getreidekörner werden im Backofen gedarrt, sprich angeröstet, wodurch die für das Musmehl typischen Röstaromen entstehen. Nach dem Darren werden die Körner zu einem gröberen Vollkornmehl gemahlen. Die grieß-ähnliche Konsistenz ist vergleichbar mit Polenta. Aus dem Musmehl lässt sich unter anderem ein leckerer Frühstücksbrei zubereiten. Neben Getreide lassen sich auch Hülsenfrüchte und Saaten zu Mehl verarbeiten wie beispielsweise Kürbiskern-, Kokos- oder Kichererbsenmehl.

Mehl-Typen International

Wolltet Ihr schon einmal original italienische Pizza backen und konntet mit der Bezeichnung “Mehl Tipo 00” nichts anfangen? Das liegt daran, dass sich in verschiedenen Ländern (und zum Teil sogar Regionen) unterschiedliche Müllereitraditionen und somit auch Mühlenprodukte beziehungsweise Mehltypen herausgebildet haben. Aber sie sind durchaus miteinander vergleichbar! So entspricht das italienische Tipo 00 Mehl in etwa einem backstarken deutschen Weizenmehl Type 405 oder 550. Weiter geht es in Italien mit Tipo 0 (Type 550), Tipo 1 (Type 812) und Tipo 2 (Type 1050). In der Schweiz ist die Typenbezeichnung im Lebensmitteleinzelhandel eher untypisch. Hier bezeichnet ‘Weissmehl’ Mehle der Typen 405 bis 550, ‘Halbweissmehl’ die Typen 700 bis 750 und ‘Ruchmehl’ Mehle der Typen 1050 bis 1100. In Österreich entsprechen die Typen W480 der Weizenmehl-Type 450, W700 der Type 550 und W1600 der Type 1050. Auch in Frankreich gibt es abweichende Bezeichnungen: So sind beim Weizenmehl beispielsweise T45 mit der deutschen Type 405, T55 mit 550 und T80 sowie T110 mit der Type 1050 vergleichbar. Die Typen in Deutschland bezeichnen lediglich den Mineralstoffgehalt, in Frankreich sagen die Typen jedoch auch etwas über die Qualität aus. So werden beispielsweise für das T65 Mehl nur die 10 besten Weizensorten aus bestimmten Anbaugebieten zugelassen. Das T65 Mehl, das in etwa der Type 812 entspricht, ist das mit Abstand wichtigste Mehl in Frankreich und wird unter anderem für Baguettes verwendet.

Brot- und Mehl-Vielfalt in Deutschland

Die Brotkultur hierzulande genießt internationale Berühmtheit. So verwundert es auch nicht, dass es in Ulm ein Museum für Brotkultur gibt! Der Brot-Reichtum kommt nicht von ungefähr und die Bandbreite hierzulande ist über die Jahrhunderte gewachsen. Grund dafür sind neben Klima und Böden, die sich gut für den Anbau von Brotgetreide wie Weizen und Roggen eignen, auch die Kleinstaaterei im Mittelalter. Hierdurch konnten sich viele regionale Unterschiede in Müllerei und Bäckerhandwerk entwickeln. Und so zählt das Register des Deutschen Bäcker-Zentralverbands heute über 3.000 Brotrezepturen. Sichtbar wird diese Vielfalt auch an den eingangs erwähnten Mehltypen. Zwar wird Getreide auch in anderen Ländern zu unterschiedlichen Mehlen gemahlen, an die Typen-Vielfalt hierzulande kommen sie jedoch nicht heran!

Und vor dem Acker? Wie der Mensch auf das Getreide kam

Die Entwicklung des Menschen vom Jäger und Sammler hin zum sesshaften Ackerbauern wird eng mit der Kultivierung lagerfähiger und haltbarer Pflanzen, wie dem Getreide, verknüpft. Aber bereits vor der Sesshaftwerdung vor ca. 10.000 Jahren wurden Süßgräser, die Vorfahren unseres heutigen Getreides, als Nahrungsmittel genutzt. Forschungsergebnisse von 2009 legen nahe, dass Getreide schon viel früher als bisher angenommen eine Rolle für die menschliche Ernährung spielte. Damals hatten Forscher Reste von Sorghumhirse in einer mosambikanischen Steinzeithöhle entdeckt und ihr Alter auf etwa 100.000 Jahre datiert. Funde etwa 30.000 Jahre alter Mahlsteine deuten darauf hin, dass bereits frühe Techniken zur Vermahlung existierten. Und nicht nur Vermahlen, auch die Technik des Backens existiert länger als bislang angenommen: So ist das ‘älteste Brot der Welt’ stolze 14.400 Jahre alt!

Kleine Kulturgeschichte: Getreide und Brot

Der erste planmäßige und „großflächige“ Anbau begann nach heutigem Stand der Forschung im Nahen und Mittleren Osten zwischen Euphrat, Tigris, Nil und Indus. Was uns als heutige Lebensform ganz selbstverständlich erscheint, war vor etwa 10.000 Jahren eine wahre Revolution: Am Ende der letzten Eiszeit begannen Menschen im sogenannten fruchtbaren Halbmond, durch die Selektion und Kreuzung wilder Süßgräser Getreide als wichtige Nahrungsquelle zu kultivieren. Wie wichtig das Getreide und die daraus gewonnenen Produkte für die Menschen sind, zeigt sich auch daran, dass es immer wieder in den (Kultur-)Geschichten auftaucht. So berichtet etwa das Alte Testament vom Auszug der Israeliten aus Ägypten. Laut Überlieferung sollen die Hebräer beim Aufbruch zum Fluss keine Zeit gehabt haben, den Teig für die Brote zu säuern (‘gehen zu lassen’), so dass sie flache Fladen zur Stärkung aßen. Deswegen wird heute immer noch beim jüdischen Passahfest ungesäuertes Brot (Matze) gegessen - als Erinnerung an das Ereignis der Vorfahren. Auch das christliche Glaubensbekenntnis bittet: “Vater unser im Himmel (…) unser täglich Brot gib uns heute (…)”.

Global Player Getreide

Getreide spielt fast weltweit eine zentrale Rolle in der Ernährung: Ob Reis und Hirse in Asien, Mais in Südamerika und Afrika oder Weizen und Roggen in Europa. Entsprechend groß ist auch die internationale Vielfalt an Getreideprodukten und -gerichten: Reismehl wird in Asien häufig für Reisnudeln verwendet, aber auch für süße Gerichte wie beispielsweise japanische Mochi, kleine Reiskuchen mit süßer Füllung. In vielen Ländern Afrikas ist Maisbrei ein weit verbreitetes Gericht und ist unter anderem als ‘Ugali’ bekannt. Neben den dominierenden Getreidesorten gibt es aber noch mehr Vielfalt zu entdecken: In Äthiopien und Eritrea spielt Teff eine besondere Rolle, das auch unter dem Namen Zwerghirse bekannt ist. Hier wird Teff zur Herstellung von Fladen und sogar Bier verwendet. Neben Nudeln und Brei sind Brote oder Fladen eine gängige Methode, um ein haltbares, nahrhaftes Lebensmittel herzustellen. Hierdurch zählt Brot fast weltweit zu den Grundnahrungsmitteln. Ob mexikanisches Maisbrot, indisches Naan oder Chapati, Fladenbrote wie Pita und Pide in Griechenland, der Türkei und dem Nahen Osten, französisches Baguette, italienisches Ciabatta und Focaccia oder englisches Toastbrot - die weltweite Brot-Vielfalt ist riesig!

Anne und Henriette von Mein Mehl

Weitere Infos
Leckere Rezepte mit Mehl und anderen Mühlenprodukten findet Ihr in unserem Rezeptbereich:
https://www.mein-mehl.de/backen-kochen/rezepte/

Mehr zur Geschichte der Müllerei und zum Berufsbild des Müllers gibt es hier nachzulesen:
https://www.mein-mehl.de/mehlblog/nachricht/?tx_news_pi1%5Bnews%5D=357&cHash=1541593b434ef7b6a51b033d4ee458e4 
https://www.mueller-in.de/ 

Detaillierte Infos zu den Abläufe in der Mühle findet Ihr: 
https://www.muehlen.org/technik/ablaeufe/

Getreide in der Entwicklungsgeschichte des Menschen:
https://www.mein-mehl.de/getreide/getreidearten/

Urgetreide und die Entwicklung der Getreidesorten:
https://www.mein-mehl.de/mehlblog/nachricht/?tx_news_pi1%5Bnews%5D=222&cHash=9355555ce5e3cdab298004f7a783d61c 

Links zu den Studien:
http://science.sciencemag.org/content/326/5960/1680
https://www.pnas.org/content/107/44/18815 
https://www.pnas.org/content/115/31/7925 

Mehr zur Typenzahl und wie diese bestimmt wird, könnt Ihr hier nachlesen:
https://www.mein-mehl.de/mehl/typenlehre/

Ein ausführliches Portrait zum Musmehl mit weiteren Rezeptideen findet Ihr hier:
https://www.mein-mehl.de/mehlblog/nachricht/?tx_news_pi1%5Bnews%5D=347&cHash=568409c83438f4c5d8546dceba5cb350 

Zu Mehl aus Hülsenfrüchten:
https://www.mein-mehl.de/mehlblog/nachricht/?tx_news_pi1%5Bnews%5D=327&cHash=11b3e79c0e22bab413bce62dc05f047a 

Habt Ihr Euch schon mal gefragt, wie viele Getreidekörner eigentlich in einem Brot stecken? Wir haben mal nachgerechnet, die Lösung gibt es hier:
https://www.mein-mehl.de/mehlblog/nachricht/?tx_news_pi1%5Bnews%5D=200&cHash=9c7cf4ca8803971c7dd3e5e6358ec0e7